Die dem verlorenen 1. Weltkrieg folgenden Jahre, der Beginn der Weimarer Republik, brachten viel Unruhe in die deutsche Geschichte. Die ursprünglich in der Weimarer Koalition vorhandenen demokratischen Kräfte wurden zunehmend von extremen Gruppen links- und rechtsgerichteter Kräfte durch politische Einzelaktionen und organisierte Aufstände aufgerieben. Die Zeit war nicht nur durch politischen Unruhen geprägt, sondern auch durch Geldentwertungen und Lebensmittelknappheiten. Überall in der Republik taten sich radikale Bünde und Gruppen auf, darunter auch der Spartakusbund, der in Horden über die industriellen Ballungszentren und ländlichen Gegenden herfiel und überall Angst und Schrecken verbreitete. Dabei blieb auch die Umgebung von Lindau nicht verschont. Um sich gegen diese Übergriffe zu schützen, fanden sich Bürger zusammen, welche auch schon zu dieser Zeit der Schützengesellschaft zu Lindau angehörten, um eine Bürgerwehr zu gründen. Das war auch ein Grund dafür weshalb Lindau von Überfällen verschont wurde, weil hier gut funktionierende Waffen vermutet wurden. Nicht umsonst wurden die Lindauer scherzhaft als kriegerisches Kleinvolk am Rande des Südharzes bezeichnet. Männer aus dieser Bürgerwehr waren es schließlich, die am 21. März 1922 in der Gastwirtschaft des Posthalters und Schankwirtes Hubert Henniges den Verein für Freihandschießen aus der Taufe hoben.
Es gelten folgende Bürger als Vereinsgründer:
Dr. August Leibecke ( Arzt )
Emil Greve ( Fabrikant )
Carl und William Graune sen. und jun. ( Landwirte und Kohlenhändler )
Theodor Fahlbusch sen. und jun. ( Landwirte )
Louis und Josef Wagener ( Pferdehändler )
Franz Kopp sen. ( Bäckermeister )
Heinrich Hahn sen. ( Bäckermeister )
Karl Biermann ( Elektromeister )
August Blume ( Schneidermeister )
Theodor Körner sen. ( Landwirt )
Paul Borghold ( Gärtnermeister )
Josef Breitenbach ( Bierverleger )
Alle diese Bürger waren Mitglieder der Schützengesellschaft Lindau; sie wollten das Scheibenschießen jedoch intensiver betreiben, als das bei der Schützengesellschaft möglich war. Die drohende Gefahr der oben erwähnten Überfälle mag der zündende Funke für die Vereinsgründung gewesen sein. Somit war der Verein für Freihandschießen geboren. Noch im Gründungsjahr wurde eine Satzung verfasst, in der die schießsportlichen und vereinsinternen Angelegenheiten geregelt wurden.Leider haben nur wenige Aufzeichnungen und Erinnerungsstücke den letzten Krieg überdauert. Der 2. Weltkrieg hinterließ wie überall schmerzliche und leidvolle Spuren; und somit erlosch das Vereinsleben auch im Verein für Freihandschießen vollständig. Als 1945 die Amerikaner Lindau besetzten, fiel ihnen die alte Standarte in die Hände. Nur durch Zufall und dem letzten Vorkriegskönig Heinrich Jass ist es zu verdanken, dass unsere Königskette nicht auch noch verloren ging, den diese war im stillen Örtchen sicher aufbewahrt. Nach dem Kriege dauerte es noch Jahre bis wieder regelmäßige Zusammenkünfte stattfanden. Mit einem Luftgewehr, das vom Vorsitzenden Hans Greve erworben wurde, war schließlich der Bann gebrochen und 1950 wurde der erste Nachkriegskönig ausgeschossen. Nach Aufhebung des Waffenverbots durch die Alliierten wurde eiligst eine KK-Büchse erstanden. Von 1952 an wird seitdem bis heute der Freihandkönig mit dem KK- Gewehr ausgeschossen. Um das Schießprogramm am Königstag noch attraktiver zu gestalten, wurde an 1954 noch das Schießen auf die Wildscheibe und das Schießen um die Vereinsmeisterschaft eingeführt. Als 1955 das erste Mal die Kreismeisterschaften im Kreisschützenverband Northeim ausgetragen wurden, waren es Freihandschützen aus unseren Reihen die dort erfolgreich mit der Mannschaft um die Titelvergabe mitmischten.
Ein reges Vereinsleben begann. Anlässlich des 40jährigen Bestehens wurde am 2. Pfingsttag 1962 die neuerworbene Standarte durch Willi Meinecke eingeweiht, die seit dem bei allen Anlässen getragen wird. Es folgten sehr erfolgreiche Jahre, da die Freihandschützen durch besondere Leistungen bei den Kreismeisterschaften auf sich aufmerksam machten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich immer wieder Schützen um eine Mitgliedschaft bewarben; jedoch galt hier noch eine Mitgliederhöchstzahl von 40 Aktiven. Durch einem Umbruch innerhalb des Vereines, als junge Schützen die Stelle von älteren schießmüden Schützen einnahmen, lebte der Verein von neuen Impulsen und Ideen geleitet neu auf. Wegen seiner Tradition kam der Verein innerhalb des Ortes gut an, obwohl das Bewahren der Tradition immer eine Domäne der Schützengesellschaft war und auch heute noch ist. Zum 50. Jubiläum, dem Jahr der Olympischen Spiele 1972 in München, wurde zur Erinnerung eine Olympiamedaille an der Schützenkette angebracht und feierlich der Vereinsgründung gedacht. Zum 60. Vereinsjubiläum erstellte der damalige Vorsitzende Dr. Rainer Donnerstag in mühevoller Kleinarbeit und auf eigene Kosten eine umfassende Vereinschronik. Der Verein beteiligt sich intensiv an der Vereinsarbeit innerhalb der Schützengesellschaft und unterstützte mit seinen Mitgliedern den Neubau des Schützenhauses, Erstellung des Pistolenstandes, sowie Anschaffungen von Sportwaffen für die Schützen der Schützengesellschaft Lindau. Das von März bis September stattfindende Silberschießen ist der große Anziehungspunkt der Freihandschützen und erfreut sich großer Beliebtheit. Im September findet als großer Höhepunkt das Königschießen statt, an der auch die Schützendamen der SG ihre Ehrenpreise ausschießen und den festlichen Tag mitgestalten. Einen kulinarischen Höhepunkt hat der Verein selbstverständlich auch zu bieten; neben dem gereichten traditionellen Speckkuchen wird am Abend bei der Proklamation des neuen Freihandkönigs, der Königspokal mit dem "Musshaustropfen" gereicht, bestehend aus Steinhäger und Jägermeister. Seit dem Jahre 2009 führt Helmut Graune den Vorsitz des Vereins.